Nachdem bereits vor einigen Jahren bekannt wurde, dass die Volks- und Raiffeisenbanken die bundesweite Einführung von girocards mit kontaktlos-Schnittstelle beschlossen haben, zog vor kurzem auch meine Bank nach: Bereits in den Wochen vor der Auslieferung wurden Kunden über einen Hinweis im Online-Banking informiert, u.a. darüber, dass die Kontaktlos-Schnittstelle zunächst inaktiv sei.
Diese solle jedoch automatisch beim ersten Einsatz der Karte am POS oder Geldautomaten aktiviert werden – es geht hier also anscheinend tatsächlich eher um einen Schutz vor Erkennbarkeit des Inhalts der ansonsten neutralen Briefsendung auf dem Transportweg als um eine potentielle Paranoia-Linderungsmaßnahme gegenüber dem zukünftigen Karteninhaber. Dennoch soll dieser die Möglichkeit haben, die kontaktlos-Funktion am Geldautomat der eigenen Bank jederzeit zu de- bzw. reaktiveren.
Und tatsächlich antwortet die Karte im Auslieferungszustand in keinster Weise auf ein angelegtes ISO 14443-Feld – es ist nicht nur die Zahlungsfunktion deaktiviert, sondern wirklich die physische Kontaktlos-Schnittstelle.
Wenn nun die eigene Neugier nicht bis zum nächsten Geldautomaten- oder Supermarkt-Besuch warten kann, wird eben kurzerhand ein altes POS-Terminal aus der Bastelkiste gekramt, und siehe da: Es bedarf – wie erwartet – tatsächlich nicht einmal einer erfolgreich abgeschlossen Transaktion, um das Kontaktlos-Interface zu aktivieren; vielmehr geschieht dies bereits bei einer aufgrund nicht zustande gekommener Internetverbindung abgebrochenen Zahlung (die Kunst liegt am ehesten noch darin, das Terminal zunächst per DHCP-Lease davon zu überzeugen, dass theoretisch eine Online-Verbindung realisierbar wäre, um ein Fallback auf ELV-Offline mit Magnetstreifen zu verhindern)…
Weiterhin wird seitens der Volksbank darauf hingewiesen, dass die neue Karte nun nicht mehr über die GeldKarte-Funktion verfügt. Dies erklärt wohl auch den missglückten Ladeversuch meiner bisherigen Karte am Geldautomat noch vor einigen Wochen (“Sie sind zu dieser Funktion nicht berechtigt”), und auch die Online-Aufladung über girogo.de unterstützt nun explizit nicht mehr die Aufladung von Karten der genossenschaftlichen Institute. Inzwischen ist sogar die erfolgreiche Durchführung einer kostenlosen Testladung in Höhe von einem Cent Voraussetzung, um den Service nutzen zu können. Anscheinend hat man hier bereits großflächig begonnen, die technische Infrastruktur der GeldKarte im Hintergrund soweit zurückzubauen, dass man sich auch bei EURO Kartensysteme (als technischem Dienstleister der Deutschen Kreditwirtschaft) nicht mehr ganz sicher ist, was nun noch funktioniert und was nicht. Immerhin: Von der Frankfurter Sparkasse ausgegebene kontaktlose girogo-Karten sind weiterhin über geldkarte-shop.de erhältnlich und können nach wie vor online geladen sowie an allen GeldKarte- und girogo-Akzeptanzstellen eingesetzt werden.
Möglicherweise ging es den Volksbanken auch darum, keine Verwirrung am POS zu stiften, wenn das Terminal bei kontaktloser Zahlung ungefragt das geladene GeldKarte-Guthaben verwendet bzw. girogo als erstbeste kontaktlose Zahlmethode erkennt, dann aber aufgrund fehlenden Guthabens den Vorgang abbricht.
So ist DF_BOERSE
kontaktlos nicht vorhanden, jedoch lässt sich kontaktbehaftet immernoch ein EF_BETRAG
in Höhe von 0,00 Euro auslesen. Das maximale Guthaben ist wie üblich beschränkt auf 200 Euro, die maximale Höhe eines Ladebetrags jedoch auf 0,00 – womit die GeldKarte technisch zwar nicht entfernt aber zumindest effektiv deaktiviert ist.
Es finden sich somit insgesamt nur zwei Akzeptanzlogos auf der Karte: girocard und V-PAY.
Gerade einmal neun Jahre nach Ausgabe der ersten Debitkarten mit kontaktloser V-PAY-Funktion durch eine italienische Bank scheint man nun also auch in Deutschland bereit zu sein…
Wie dem auch sei, funktioniert hat die erste Zahlung bei Aldi Nord jedenfalls nicht.
Das Terminal akzeptiert die Karte (ohne PIN) und baut zunächst ordnungsgemäß eine online-Verbindung auf, worauf die Zahlung mit “Systemfehler” abbricht. Kontaktbehaftet funktionierte es dann problemlos (die erste Vermutung bestand somit darin, dass die AID für girocard in der kontaktlosen Variante zwar vom Terminal, aber noch nicht vom Acquirer akzeptiert würde).
Tatsächlich wunderte ich mich schon im voraus, ob auf dem Kundenbeleg hinterher wohl “girocard” stehen würde, oder stattdessen ein Fallback auf V-PAY stattfindet. Die Karte unterstützt laut Aufdruck schließlich V-Pay, und die AID A0000000032020
lässt sich auch über die kontaktlose Schnittstelle problemlos selektieren.
Schaut man sich dagegen den Inhalt des PPSE
an, tauchen dort nur 3 AIDs auf:
A00000005945430100 // Girocard Electronic Cash
A0000003591010028001 // Girocard EAPS
D27600002547410100 // Girocard ATM
Grundsätzlich steht es einem Terminal natürlich frei, unabhängig vom PPSE auch wahllos andere AIDs durchzuprobieren, dennoch frage ich mich, warum V-PAY hier nicht enthalten ist. Somit wäre fraglich, ob die kontaktlose Zahlung im Ausland überhaupt funktionieren würde, oder die Karte weiterhin gesteckt werden muss (sofern man denn überhaupt einen Händler gefunden hat, der international nicht nur Maestro akzeptiert).
Kontaktbehaftet lief die Transaktion jedenfalls über die AID A0000003591010028001
.
Zweiter Versuch bei Rewe: Hier sind die notwendigen Terminals (Ingenico IPP 350) schon seit Jahren vorhanden, irgendwann wurde die kontaktlos-Funktion dann aber abgeschaltet (vermutlich weil zuviele gleichgesinnte damals ebenfalls erfolglos versucht hatten, mit einer Mastercard zu zahlen, die kontaktbehaftet problemlos akzeptiert wird).
Ich bitte also darum, “mit Karte” zu zahlen (die Diskussion darüber welche Zahlmöglichkeiten denn genau unterstützt würden spare ich mir aufgrund entsprechender Erfahrungen aus der Vergangenheit) – und werde um meine Karte gebeten.
Ich stelle fest, dass ich gerade ebensowenig Interesse daran habe, vor Ort auszudiskutieren inwieweit das denn genau “nur zu meinem Schutz” diene, während die Banken doch gerade das nicht-aus-der-Hand-geben als zusätzliche Verbesserung der Sicherheit und Hygiene propagieren. Die Dame an der Kasse betrachtet jedenfalls die Unterschrift auf der Rückseite und drückt schließlich die Karte mit mehreren Fingern fest auf das Display, als würde sie diese fotokopieren wollen. Das Terminal bittet mich trotz des Betrags unterhalb von 25 Euro um Eingabe der PIN.
Auf dem Beleg steht dann auch girocard kontaktlos.
Dritter Versuch: Nun klappt es auch bei Aldi, allerdings ebenfalls mit PIN-Eingabe.
Auf dem Beleg ist wieder die AID A0000003591010028001
angegeben.
Die Bank verlangt laut Info-Flyer auch unter 25 Euro hin und wieder eine PIN-Eingabe (angeblich erst ab 100 Euro Umsatz bzw. einer bestimmten Anzahl Transaktionen ohne PIN-Prüfung), vermutlich war dies dann auch der Grund, warum es beim ersten Versuch nicht klappte (bei der ersten erfolgreichen Transaktion muss es wohl auch ein CDOL
-Update gegeben haben!?), oder es bedurfte auch seitens der Bank erst irgendeiner Initialisierung, die durch das einseitige Aktivieren der Kontaktlos-Schnittstelle nicht erfolgte.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Die Notwendigkeit einer PIN-Eingabe bei Aldi werde ich zunächst noch weiter beobachten, im Zweifelsfall bleibt es eben wie bisher bei der nicht-genossenschaftlichen Mastercard, wenn meine Bank das so möchte. Bei anderen Supermärkten (die durch gewohnt inkompetentes Personal auffallen) bleibt es ohnehin bei Bargeld, was auch immernoch schneller ist, wenn ich ohnehin erst etwas aus dem Portemonnaie herauspulen muss.
Immerhin: Vielleicht sorgt die steigende Akzeptanz in der Bevölkerung ja zukünftig für weniger irritierte Blicke an den Kassen.
Wozu die Karte übrigens einen Magnetstreifen hat, erschließt sich mir so langsam wirklich nicht mehr. Wahrscheinlich liegt es an den Geldautomaten, die nach wie vor keine Karten mit beschädigtem Magnetstreifen akzeptieren!?
(Wer dieses Vergnügen bereits hatte, oder z.B. auch nur spaßeshalber das Guthaben einer kontoungebundenen GeldKarte prüfen möchte, wird sich unter Umständen wundern, diese nur wenige Millimeter tief hineinschieben zu können…)